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An solchen Tagen

An solchen Tagen

Es ist mal wieder so weit. Mein Rheuma meldet sich zurück und ist kurz davor mich mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf den Boden zu drücken. An solchen Tagen fällt es mir zunehmend schwer, meine Gute Laune zu behalten und die Tränen zu verdrücken. Der kleine Wasserfall der sich seinen Weg aus den Tränendrüsen sucht, macht mich noch wütender als ich eh schon bin. Es sind keine Tränen des Schmerzes, auch wenn der mir dann noch den Rest gibt, sondern Tränen der Wut. Mit den Schmerzen könnte ich noch umgehen, wäre da nicht diese Hilflosigkeit. Natürlich stehe ich nie alleine da und natürlich wird mir auch ohne große Fragerei geholfen. Aber da beginnt dann auch mein persönliches Problem. Es macht mich rasend in einem Körper zu stecken, der an manchen Tagen nicht alleine vom Sofa aufstehen kann. Der kaum die Treppe steigen kann, geschweige denn sich was zum Essen kochen kann.

Die Erkenntnis das mein Körper an solchen Tagen einfach nicht das schaffen kann, was mein Kopf gerne möchte zieht mich immer in ein kleines schwarzes Loch. Damit beginnt dann die nächste Herausforderung. Nicht in Selbstmitleid versinken. Es lässt sich so leicht vorsagen. Es lässt sich so schwer in die Tat umsetzen.

An solchen Tagen wäre ich gerne die Person, von der alle denken ich bin es längst. Ich höre oft wie die Menschen um mich herum von meiner Persönlichkeit und Kraft beeindruckt sind. Das ich trotz dem Rheuma nie das Lachen vergesse. Das ich ein fröhlicher Mensch bin, der seinen Weg geht und sich von nichts aufhalten lässt… Nun ja. Diese Menschen sehen mich aber gerade nicht. Sie sehen nicht wie ich verzweifelt versuche dieses Gedankenkarussell: “Warum ich? Was wäre wenn? Ich will nicht mehr!” zu stoppen.

An solchen Tagen ist das Rheuma nicht nur lästig, sondern mein größter Feind. Dumm nur dass somit mein Körper damit mein größter Feind ist. Es ist kein schönes Gefühl seinen Körper zu hassen. Sich selbst zu hassen. Denn egal wie ich es drehe und wende. Mein Körper gehört zu mir. Das Rheuma gehört zu mir.

Ich sage ja oft, es gibt eigentlich niemanden den ich wirklich hasse. Nicht mögen, ja. Aber hassen? Nein. Nun ja. Ich denke das ist wohl ein bisschen gelogen.

Ich weiß, es kommen wieder bessere Tage. Ich weiß aber auch, das wieder schlimmere Tage kommen werden. Ein Teufelskreis.

Das einzige was mich an solchen Tagen über Wasser hält, sind mein Mann und mein Sohn. Sie bringen mich doch immer wieder dazu, mich vom Sofa hoch zu wuchten und so gut es geht meinem Kind ein schönes Leben zu ermöglichen. Das Lächeln das mir dann immer geschenkt wird ist unbezahlbar. In diesen Sekunden vergesse ich immer, dass ich eigentlich Schmerzen habe und kaum stehen kann.

Ich weiß, als erstes sollte man für sich kämpfen aber ich weiß gar nicht wie das geht. Ich habe für eine Ausbildung gekämpft, für meine Eltern damit sie nicht traurig sind, weil es mir schlecht geht. Ich habe für eine gute Arbeit gekämpft. Für meinen Chef, für die Patienten und für einen guten Tag. Aber für mich?

Selbst jetzt, ich kämpfe für meinen Sohn und für meinen Mann. Das ist das einzige was mich davor bewahrt ganz in Selbstmitleid zu verfließen. Und das genügt. Fürs Erste zumindest.

Auf bessere und sonnigere Tage. Ich weiß, dass es sie gibt und nur auf mich warten.